Taktische Eigensicherung mit Timm Blaschke
Am 26.07.2025 fand beim Budoclub Greffern ein Seminar mit dem Inhalt „Verhalten bei Messerangriffen – Taktische Eigensicherung“ mit Timm Blaschke statt.
Timm stammt aus dem Bereich der philippinischen Kampfkünste (FMA) und verfügt daher über eine besondere Expertise. Sind doch gerade in diesen Kampfkünsten Kurzstock, Machete, Messer oder auch Hand-to-Hand-Combat ein Teil des Lehrplans. Ein erlerntes Prinzip lässt sich dann auch auf die eben genannten Waffen sehr leicht anwenden. Aus meiner Sicht ist das eine sehr interessante Kampfkunst – gerade in der heutigen Zeit.
Doch macht es wirklich Sinn, einen solchen Kurs zu besuchen? Im vorherigen Blogbeitrag hatten wir doch gelernt, dass überfallartige Angriffe kaum abwehrbar sind.
Trotzdem – oder gerade deshalb – halte ich es für essenziell, sich mit dieser Thematik auseinanderzusetzen. Denn selbst wenn ich meine Überlebenschance um nur ein Prozent erhöhe, ist das besser als nichts.
Aus diesem Grund machte ich mich auf, um die Ansätze und Ideen von Timm Blaschke kennenzulernen – in der Hoffnung, Neues zu erfahren und zu lernen.
Theorie: Aufmerksamkeit als Schlüssel zur Vermeidung
Timm teilte sein Seminar in Theorie und Praxis. Dabei begründete er, warum er sich zunächst auf den theoretischen Teil konzentriert: Viele Trainer fokussieren sich ausschließlich auf Abwehrtechniken – dabei werden zentrale Aspekte, die weit vor einer Eskalation wichtig sind, häufig übersehen.
Im theoretischen Teil erkannte ich viele Punkte wieder, die auch ich in meiner Arbeit und auch in meinem Buch betone. Timm kritisierte zu Recht, dass in unserer heutigen Gesellschaft die Sensibilität für potenzielle Gefahren oft fehlt. Er nahm bewusst Beispiele aus dem Alltag, wie etwa die Teilnahme am Straßenverkehr.
Ein besonderer Schwerpunkt lag auf dem Thema Aufmerksamkeit. Zur Freude aller Teilnehmer erklärte er den Cooper-Farbcode, ein effektives Modell zur Einstufung des persönlichen Aufmerksamkeitslevels.
Grundformen & Szenarien-Training
Im Anschluss ging Timm auf verschiedene Grundformen von Messerauseinandersetzungen ein. Dabei erklärte er auch, wie – aus seiner Sicht – ein realistisches Szenarien- bzw. Rollentraining aufgebaut sein sollte. Besonders wichtig war ihm dabei, das Gefahrenbewusstsein zu schärfen und die eigene Handlungsfähigkeit zu stärken.
Ein zentraler Aspekt in der Selbstverteidigung ist – wer hätte es gedacht – der Kopf. Die mentale Einstellung ist entscheidend dafür, ob ich eine realistische Chance habe, mich zu wehren. Es beginnt mit dem Bewusstsein für die eigenen Stärken und Grenzen.
Praxis: Training mit System und Partnerwechsel
Im praktischen Teil ging es darum, das Gelernte anzuwenden. Mit wechselnden Partnern wurden verschiedene Drills und Rollenszenarien durchlaufen. Dabei stand immer das Ziel im Vordergrund, die Chance auf ein Überleben zumindest um ein kleines Stück – ein „Mü“ – zu erhöhen.
Timm zeigte verschiedene „Grundlagenblocks“, deren Ziel es war, den messerführenden Arm kurzzeitig zu stoppen – nicht mit starrer Blocktechnik, sondern mit minimalem Zeitgewinn, um schnellstmöglich auf Distanz zu gehen.
Später wurde geübt, die messerführende Hand weiterzuleiten, kurzfristig zu fixieren – alles mit dem Ziel, die Flucht zu ermöglichen.
Verwandte Konzepte & Dreipunktsicherung
Was ich besonders spannend fand: Die von Timm gezeigten Techniken erinnerten stark an Inhalte aus einem vorherigen Combatives-Seminar. In beiden Fällen wurde großer Wert darauf gelegt, den messerführenden Arm – wenn möglich – mit beiden Händen zu greifen und mittels Dreipunktfixierung zu kontrollieren.
Dabei nähert sich der Kopf bewusst dem gegnerischen Kopf, während der Unterkörper möglichst weit entfernt vom Messer bleibt. In einem konkreten Beispiel wurde der Arm mit einem Underhook gegriffen, die Dreipunktsicherung sofort (!) umgesetzt, und der Gegner über einen Schulterhebel zu Boden gebracht.
Fazit: Erkenntnis, Bestätigung & Inspiration
Was mir besonders gut gefallen hat: Timm und ich teilen in vielen Punkten nicht nur ähnliche Ansichten, sondern auch methodisch-didaktische Herangehensweisen. Seine Techniken ermöglichen taktische Vorteile, die im Ernstfall zur Flucht genutzt werden können.
Besonders bemerkenswert war, wie flexibel er Techniken aus dem Karate – wie Age-Uke oder Gedan-Barai – adaptierte und sie nicht als starre Blöcke, sondern als empfangende Bewegungen vermittelte.
Das Seminar war für mich eine echte Bereicherung – in mehrfacher Hinsicht: Bestätigung, Vertiefung, Wiederholung und neue Impulse.
Ein großer Dank an Timm Blaschke für seine wertvolle Arbeit!
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